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Bio Preis Wert

70 Zuhörer verfolgten am Mittwoch einen spannenden Vortrag der Bürgerinitiative für die Werterhaltung der Region Billerbeck zum Thema „BioPreisWert“- Zur Glaubwürdigkeit der Bioprodukte. Drei namhafte Experten hatte die BIB eingeladen, um zunächst aus ihrer Sicht Stellung zu nehmen. BIB-Sprecher Dietrich Roos führte die Zuhörer mit einigen kritischen Anmerkungen in das Thema ein: „Die Zahl der Biobetriebe sinkt, aber der Bedarf an Produkten steigt. Deshalb nimmt die  Zahl der Importe zu. Skandale, die in den Medien veröffentlichet wurden, haben das Image der Bioprodukte angekratzt.“  

 Prof. Dr. Carola Strassner beschrieb als erste das Prinzip des genossenschaftlichen Hofes Entrup 119 in Altenberge, den sie mit Studenten der Fachhochschule Münster wissenschaftlich begleitet. Auf dem CSA-Hof leben drei Familien, die mit einigen Mitarbeitern Gemüse anbauen und Schafe halten. Die Ernte, das Fleisch und die Milchprodukte sowie Brot werden auf Wochenmärkten und in Bioläden verkauft sowie in Depots für Mitglieder der Genossenschaft bereitgestellt. Auch in Billerbeck.  „Mitmachen bei der Ernte ist ausdrücklich erlaubt“,  machte Frau Prof. Dr. Strassner Werbung für den Hof. „Bei CSA ist jeder Bauer!“ Neben der Produktion von Lebensmitteln in Demeter-Qualität steht auch kulturelle Arbeit auf dem Hof-Programm.  

Seit 33 Jahren handelt Michael Radau bereits mit Bioprodukten. Mittlerweile ist aus dem kleinen Super-Biomarkt in Münster ein mittelständischer Betrieb mit 600 Angestellten und 22 Filialen geworden. Er mahnte an, dass angesichts der Skandale das Bio-Siegel eine Frage des Vertrauens sei. „Letztlich kommt es auf die Menschen an, die die Produkte herstellen.“ Er schlug vor, nicht immer nur nach dem Billigsten zu suchen, sondern die Preise von unten her zu entwickeln. „Zuerst muss man sich fragen, was der Landwirt benötigt um etwas zu produzieren und dann den Preis danach machen.“ Gleichzeitig appellierte er an die Verbraucher kritisch zu sein und auf Regionalität zu achten.  „Aber Bioprodukte sind nicht per se gesund. Sie enthalten nur mehr an wertgebenden Inhaltsstoffen und weniger Pestizide“, so Radau.

Dr. Jochen Neuendorff, der dritte Experte auf dem Podium, erklärte zunächst, wie die Zertifizierung und die Kontrolle der Bioprodukte abläuft.  So habe der Staat die Kontrolle weitgehend in die Hände privater Institute abgegeben. Etwa 2500 Kontrolleuren für konventionelle Lebensmittel stehen 500 für Bioprodukte gegenüber, bei einem Marktanteil von nur 5 % des Verbrauchs. „Die Kontrollen sind daher gut und höchst effektiv“, so Dr. Neuendorff.   Ihn ärgert allerdings die reißerische und skandalorientierte Berichterstattung in wichtigen Medien. „Die Betrugsquote liegt gerade einmal bei 2-3%. Durch die Berichte entsteht ein völlig falsches Bild“, so der  Leiter der Gesellschaft für Ressourcenschutz.  Auch bei ihm stand ein Appell am Schluss des Vortrags: „Kaufen Sie nicht nur beim Discounter. Achten Sie auf vernünftige Produkte.“

An die Vorträge schloss sich eine Fragerunde an, durch die Moderator, Bernd Müller vom Institut für Kirche und Gesellschaft der evangelischen Kirche Westfalen, führte.

Eine Frage war, wie Landwirte umstellen können auf die Produktion von Bioprodukten. Prof. Dr. Strassner erläuterte, dass die Umstellung immer eine Herausforderung für den Landwirt sei. „Bei Bioprodukten benötigt man einige Erfahrung. Da muss man auch mal Rückschläge wegstecken können.“ Deshalb müssen es „schlaue Bauern“ sein, die umstellen.  Sie wünsche sich aber, dass mehr Menschen diese Herausforderung annehmen.

Michael Radau schlug vor, die ökologische Qualität als Standard zu etablieren. „Gesundes Essen muss vor allem in Kantinen und Mensen angeboten werden, dann setzt es sich auch bei Verbrauchern durch“, so sein Wunsch.

Einige Fragen gab es auch zu den Rahmenbedingungen, unter denen Bioprodukte hergestellt werden. Man war sich einig, dass nicht nur die Politik alles regeln könne. Dr. Neuendorff rief dazu auf, als Verbraucher für gute Lebensmittel sogar auf die Straße zu gehen, zum Beispiel auf der Großdemonstration „Wir haben es satt“ Anfang Januar in Berlin. Dr. Strassner schloss sich dem an und meinte, die Verbraucher dürften nicht bei allem auf die Politiker schauen, sondern müssten selbst aktiv werden. Doch das genügte Klaus Richter von der BIB nicht: „Die Politik muss endliche die Rahmenbedingungen für gesunde Lebensmittel schaffen!“