Antibiotikaeinsatz sinkt
Antibiotikaabgabe in der Tiermedizin sinkt weiter, aber die Menge der Antibiotika mit besonderer Bedeutung für die Therapie beim Menschen bleibt jedoch im Vergleich zum Vorjahr konstant.
Antibiotikaabgabe in der Tiermedizin sinkt weiter, aber …
Menge der Antibiotika mit besonderer Bedeutung für die Therapie beim Menschen bleibt jedoch im Vergleich zum Vorjahr konstant.
Im Jahr 2014 wurden in der Tiermedizin 214 Tonnen (ca. 15 Prozent) weniger Antibiotika abgegeben als im Vorjahr und ca. 468 Tonnen (ca. 27 Prozent) weniger gegenüber der ersten Erfassung im Jahr 2011. Das ergab die Auswertung der im Jahr 2014 zum vierten Mal erhobenen Abgabemengendaten für Antibiotika durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Die Abgabemenge der für die Therapie beim Menschen besonders bedeutenden Antibiotikaklassen, Fluorchinolone und Cephalosporine der 3. und 4. Generation, hat jedoch nicht abgenommen und stagniert auf dem Niveau des Vorjahres. (Graphik: Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit)
Insgesamt sind im Jahr 2014 1.238 Tonnen (t) Antibiotika von pharmazeutischen Unternehmen und Großhändlern an Tierärzte in Deutschland abgegeben worden. Die Hauptabgabemengen bilden, wie in den vergangenen Jahren, Penicilline mit etwa 450 t und Tetrazykline mit etwa 342 t, gefolgt von Sulfonamiden mit 121 t, Makroliden mit 109 t und Polypeptidantibiotika (Colistin) mit 107 t.
Von den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) als Wirkstoffe mit besonderer Bedeutung für die Therapie beim Menschen eingestuften Antibiotikaklassen (Highest Priority Critically Important Antimicrobials), die zunehmend in der Tiermast eingesetzt werden, wurden im Vergleich zum Vorjahr weiterhin gleichbleibende Mengen abgegeben (rund 12 t Fluorchinolone und rund 4 t Cephalosporine der 3. und 4. Generation).
Die Abgabe von Fluorchinolonen hat auf hohem Niveau weiter zugenommen und zeigt
gegenüber dem ersten Erfassungsjahr 2011 eine Steigerung von nunmehr 50 Prozent. Bemerkenswert ist, dass es sich bei diesen Wirkstoffklassen um moderne Weiterentwicklungen von Medikamenten handelt, bei denen für eine Behandlung der Tiere auch eine weitaus geringere Dosierung als bei älteren Wirkstoffen ausreicht.
Die gemeldeten Wirkstoffmengen lassen sich nicht einzelnen Tierarten zuordnen, da die Mehrzahl der Wirkstoffe für die Anwendung bei verschiedenen Tierarten zugelassen ist. Von 2011 bis 2014 hat die Menge an abgegebenen Antibiotika in verschiedenen Regionen abgenommen. So wurde für die Postleitzahl-Region 49 eine Abnahme der Abgabemengen um ca. 197 t (von 703 t auf ca. 506 t) berechnet, auch wenn für die Region weiterhin die höchste Abgabemenge zu verzeichnen ist.
Für die Postleizahl-Regionen 25, 26, 27, 29, 33, 39, 46, 48, 59 und 94 ergab sich im Erfassungszeitraum jeweils ein Minus von mehr als 10 t.
Besonders stark ist hier die Abnahme in unserer Postleitzahl-Region 48 mit einem Minus von ca. 40 t. Eine Zunahme im zweistelligen Bereich wurde für die Postleitzahl-Region 16 mit einem Plus von ca. 15 t dokumentiert.
Der Einsatz von Tierarzneimitteln dient dem Ziel, kranke Tiere zu behandeln und damit die Tiergesundheit und den Tierschutz zu fördern. Der Einsatz ist gleichermaßen auf den Schutz des Verbrauchers ausgerichtet. Sorge bereitet jedoch, dass der Therapieerfolg sowohl in der Human- wie auch in der Tiermedizin zunehmend durch das Auftreten antibiotikaresistenter Bakterien gefährdet wird. Der Transfer von antibiotikaresistenten Bakterien und/oder der Transfer von Resistenzgenen zwischen Mensch und Tier sind wechselseitig möglich.
Dazu Friedrich Ostendorff, agrarpolitischer Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion: „Reserveantibiotika haben in unseren Ställen nichts zu suchen – sie sollten der Humanmedizin vorbehalten werden.
Die Datenerhebung zur Abgabemenge von Antibiotika in der Tiermast zeigt, dass die Antibiotika-Strategie der Bundesregierung gescheitert ist: Der generelle Rückgang verschleiert nur, dass jetzt mehr sogenannte Reserveantibiotika eingesetzt werden, die eine bis zu 40 mal höhere Wirksamkeit aufweisen. Reserveantibiotika in den Ställen fördern Resistenzen und erhöhen somit die Gefahr, dass diese Wirkstoffe in Notfällen bei Menschen nicht mehr wirken!“
Seit dem Jahr 2011 muss die pharmazeutische Industrie erfassen, welche Mengen an Tierarzneimitteln, insbesondere Antibiotika, sie jährlich an Tierärzte abgeben, und diese Daten an ein zentrales Register melden. Die Angaben sind, nach Postleitzahlen geordnet, in der Graphik ablesbar. (Graphik: Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit)
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